Amnesty International schließt ihre Büros in Hongkong

Amnesty International schließt die Büros in Hongkong. Grund dafür sind das erlassene nationale Sicherheitsgesetz und das harte Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Menschenrechtsorganisationen, welche die Arbeit vor Ort verunmöglichen. Die regionalen Aktivitäten werden auf andere Standorte verlagert.

Amnesty International wird beide Büros in Hongkong bis zum Ende des Jahres schließen. Das Büro der lokalen Sektion von Amnesty Hongkong, das sich vornehmlich mit Menschenrechtsbildung befasst, wird seine Tätigkeit am 31. Oktober einstellen. Das Regionalbüro, das Teil des internationalen Sekretariats von Amnesty International ist, soll bis Ende 2021 geschlossen werden. Die regionalen Aktivitäten werden in die anderen Büros der Menschenrechtsorganisation im asiatisch-pazifischen Raum verlagert.

“Die Entscheidung haben wir schweren Herzens getroffen”, sagt Anjhula Mya Singh Bais, Vorsitzende des internationalen Vorstands von Amnesty International. Der Schritt sei aufgrund des von Peking erlassenen nationalen Sicherheitsgesetzes erfolgt. “Das Gesetz macht es Menschenrechtsorganisationen in Hongkong praktisch unmöglich, frei und ohne Angst vor ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen der Regierung zu arbeiten.”

Das von der chinesischen Zentralregierung verhängte Gesetz zur nationalen Sicherheit wurde am 30. Juni 2020 in Kraft gesetzt. Es erlaubt den Behörden gegen alle Aktivitäten in Hongkong vorzugehen, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Dazu gehören Vorwürfe wie “Umsturz der Staatsmacht”, “terroristische Aktivitäten” oder “Absprachen mit ausländischen oder externen Kräften zur Gefährdung der nationalen Sicherheit”. Die weitreichende und vage formulierte Definition der “nationalen Sicherheit” wird von der chinesischen Regierung als Vorwand genutzt, um die Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit einzuschränken sowie abweichende Meinungen und politische Opposition zu unterdrücken.

“Die jüngsten Angriffe auf lokale Menschenrechts- und Gewerkschaftsgruppen zeugen davon, wie die Behörden ihr Vorgehen gegen alle abweichenden Stimmen in der Stadt intensiviert haben. Es wird immer schwieriger für uns, in einem solch instabilen Umfeld weiter zu arbeiten”, sagt Anjhula Mya Singh Bais. “Das durch das nationale Sicherheitsgesetz geschaffene Umfeld der Repression und der ständigen Unsicherheit macht es unmöglich zu wissen, welche Aktivitäten zu strafrechtlichen Sanktionen führen könnten. Das Gesetz wurde wiederholt eingesetzt, um Menschen ins Visier zu nehmen, die die Behörden aus den unterschiedlichsten Gründen verärgert haben – weil sie politische Lieder sangen oder Menschenrechtsfragen im Klassenzimmer diskutierten.”

Amnesty dokumentierte in einem Briefing vom Juni 2021 die rapide Verschlechterung der Menschenrechtslage in Hongkong ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur nationalen Sicherheit. Die Razzien, Verhaftungen und die strafrechtliche Verfolgung von vermeintlichen Kritiker_innen haben deutlich gemacht, wie das Gesetzes manipuliert werden kann, um gegen alle vorzugehen, die sich kritisch gegenüber den Behörden äußern.

Das harte Vorgehen der Regierung gegen Aktivist_innen, Oppositionspolitiker_innen und unabhängige Medien hat sich in letzter Zeit auch auf Organisationen der Zivilgesellschaft ausgeweitet. Mindestens 35 Gruppierungen haben sich seit Inkrafttreten des Gesetzes aufgelöst, darunter einige der größten Gewerkschaften und Gruppen von Aktivisten der Stadt.